Fast wehmütig verlassen wir das Greenhouse Hostel. Wir haben die familiäre Atmosphäre unter den anderen Gästen genossen, der Austausch mit den anderen Tourenfahrern war wertvoll.
Ich nehme dummerweise noch eine Darmgeschichte als Erinnerung an die Stadt mit. Dank Joghurt-Bananen-Cola-Kur ist sie aber rasch besiegt. Dennoch wollen die Kräfte am ersten Tag noch nicht richtig in Schwung kommen. Weit kommen wir nicht.
Von Dushanbe nach Khorog gibt es zwei Strassenverbindungen: die
Nord-/Sommerroute und die ganzjährig offene Südroute durch die Wüste. Nach der usbekischen Hitzeerfahrung entscheiden wir uns natürlich für erstere Variante.
Nur kurz ausserhalb der Stadt zeigt sich uns eine komplett neue Landschaft. Saftig grüne Hügel und Schnee bedeckte Berge im Hintergrund. Unser Herz schlägt vor Freude höher. Die Besiedlung wird ländlicher. Abends findet sich problemlos ein schöner Zeltplatz. Auch macht uns die freundliche und willkommenheissende Art der Tadschiken das Wildcampen einfach - ohne Befürchtungen von unerwünschten Besuchen nachts. Findet sich einmal in den teils steilen Tälern kein Zeltplatz, fragen wir einen Bauern, ob wir unser Zelt in seinem Aprikosenhain aufstellen dürfen. Zum Dank - Geld wäre eine Beleidigung und wird vehement abgelehnt - überreichen wir jeweils als Geste eine Fotokarte von uns beiden mit den Velos, was jedes Mal ein strahlendes Lachen in die Gesichter zaubert.
Bereits 50-60km nach Dushanbe wird die Strasse schlecht, das Vorwärtskommen mühsamer. Teils ähnelt die Fahrbahn einem ausgetrocknetem Bachbett, mal plagen uns Buckelpisten oder die Strasse gleicht einem Flickenteppich aus einem wirren Muster von Schlaglöchern. Es ist offensichtlich, dass sich der Unterhalt der Strasse nicht lohnt. Die Region Pamir wird über die Südroute versorgt. Nur rund 2-3 Autos pro Stunde kreuzen uns. Dafür sind Kühe, Esel, Schafe und Ziegen häufige Begegnungen, wenn auch nicht immer die kooperativsten.
Unsere tout terrains werden ihrem Namen gerecht. Einen Platten müssen wir dennoch in Kauf nehmen. Ein fieser Dorn hat sich in den Pneu gerammt. Ganz unplattbar sind die Schwalbe-Marathon-Mondial Reifen halt leider auch nicht.
Rund 10 km nach Qualai Husein zeigt sich, wieso kaum Verkehr herrscht. Die Brücke über den tobenden Gebirgsbach ist eingestürzt, hängt nur noch an einem Drahtseil, das von einem parkierten Bulldozer gehalten wird, für Autos unpassierbar. Mit mulmigem Gefühl schieben wir unsere Räder über die rutschigen Metallplatten auf die andere Seite. Einige Kilometer weiter ist eine Brücke ganz weg geschwemmt. Diese Stelle müssen wir auf einer steilen Nebenstrasse umfahren - mit teils längeren Schiebestrecken.
Die Anstrengungen des Tages wecken erste Phantasien: der braun vorbei strömende Khingobfluss sieht aus wie Ovi mit Milchschaum, der Verkauf von wilder Rhabarber am Strassenrand lässt von Wähe mit Schlagrahm träumen. Dabei geht's uns kulinarisch gar nicht so schlecht. In den kleinen Läden unterwegs lassen sich mit etwas Kreativität meist die Zutaten für ein feines Essen zusammenstellen. Und unser Snickerskonsum steigt auf mindestens 2 täglich pro Person. In einfachen Strassencafés unterwegs stärken wir uns mit Suppen (was anderes ist nie im Angebot), in denen je nach Kochkunst allerlei schwimmt.
Neben all den Anstrengungen und Entbehrlichkeiten entschädigt uns der Anblick des saftig grün bewachsenen Tals mit seinen lieblichen Dörfern und im Kontrast dazu steilste Felswände mit kaum passierbaren Schluchten mehr als. Ausserdem werden wir in jedem Dorf freudig begrüsst. Kinder rennen aus allen Richtungen auf die Strasse um uns zu sehen, einfach hallo zu sagen oder halten uns ihre Hände zum Abklatschen hin. Die Erwachsenen halten in ihrer Feldarbeit inne, winken uns zu oder begrüssen uns mit "Salam" oder "Welcome in Tadschikistan".
Auf dieser Etappe knacken wir ausserdem die 1000km Grenze und quälen uns den ersten Pass namens Sagirdasht 1400 Höhenmeter auf 3252m hoch. Oben begrüssen uns riesige Schaf- und Kuhherden der Nomaden, die in einfachsten Behausungen in der Abgeschiedenheit leben.
Vom Pass geht's runter, steil und in schier endlosen Serpentinen. 1600 Höhenmeter in nur 20km. Wir sind froh, nicht auf dieser Seite aufgestiegen zu sein (immerhin mussten wir "nur" 1400 Meter hoch, hatten aber 25km dafür). Bei den schlechten Strassenverhältnissen ist aber unseren Drahteseln zu liebe nicht an eine rasante Abfahrt zu denken. Immer wieder machen wir Pausen damit die Bremsen abkühlen können.
Kalaikum: Nach einem 12 Stunden Tag erreichen wir müde die Stadt, ziehen für einmal ein Hotelzimmer unserem Zelt vor. Erstmals stehen wir am Panj-Fluss und sehen nach Afghanistan am anderen Flussufer.
In weiteren 4 Tagesetappen radeln wir entlang des Panj in Richtung Khorog, dem sogenannten Zentrum vom Pamir.
Auf der anderen Flussseite können wird das afghanische Leben beobachten: Lehmhäuser umgeben von grünen Feldern, Eselkarren und voll beladene Motorräder. Autos sehen wir in den Tagen auf der anderen Seite nur eine Hand voll. Zudem können wir die Bemühungen verfolgen auch auf der afghanischen Seite eine durchgehende Strasse zu bauen. Arbeiter kleben wie Ameisen in Schwindel erregender Höhe in steilen Felswänden über dem Fluss mit Pickel und Schaufel bewaffnet - und reichlich Dynamit. Die Sprengarbeiten erschüttern das ganze Tal. Um ein Haar werden wir von den weggeschleuderten Steinmassen getroffen. Die Afghanen haben uns wohl vor der Zündung übersehen. Entschuldigend winken sie von der anderen Flusseite.
Khorog - das Zentrum vom Pamir. Wir nutzen die Stadt in erster Linie zum Aufstocken unseres Proviants, haben alles aufgegessen, und natürlich zum Ausruhen und einfach die Seele baumeln lassen.
Aber bereits nach einem Nachmittag im Garten vom Hostel steigt schon wieder die Vorfreude auf die kommende Etappe.
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Viehmarkt |
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1000km auf dem Tachometer |
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2 Melonen haben wir vom Beamten am Checkpoint geschenkt bekommen. Sie wurden nur wenige Kilometer alt. :) |
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eine, der vielen Bachquerungen entlang des Khingob Flusses |
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Bachbett-artige Strasse |
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hier war einmal eine Brücke |
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junger Hirte, wollte unbedingt eine Foto |
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noch mehr fotofreudige Tadschiken |
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unser Homestay in Qualai Husein, rettete uns vor dem Gewitter |
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Freiluft Badezimmer mit Aussicht auf die Moschee |
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nur noch am Drahtseil hängende Brücke |
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steile Schiebepassage |
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Saghirdasht Pass 3252m |
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rechts Afghanistan, links Tadschikistan - entlang des Panj |
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Zelten im Aprikosenhain |
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Blick zurück: links Afghanistan, rechts Tadschikistan |
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Wellblechpiste |
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Wir sind unter die Dalmatiner gegangen... |
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unterwegs getroffen |
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