Donnerstag, 8. Juni 2017

Ade Usbekistan, hallo Tadschikistan

Nach einigen Tagen in der Stadt freuten wir uns endlich weiter zu ziehen. Noch mehr freuten wir uns, als am Horizont die ersten Berge zu sehen waren. Es erwartete uns auch gleich der erste Pass, Tahtakaraca Pass, zwar nur ein kleiner (1788m), aber immerhin gut zum Trainieren, bevor wir zu den wirklich hohen Pässen im Pamir kommen. Und die Höhe reichte für ein angenehmes Abkühlen der Luft. Sogar eine Pause an einem Fluss mit klarem Wasser war möglich. Ein wirklicher Genuss nach Tagen in trockenem, teils Wüsten ähnlichem Gefielde, wo Wasser - wenn überhaupt - dann nur als braunes Rinnsal zu sehen war.

Weil die Grenze nach Tadschikistan bei Panjikent seit 2011 für Ausländer geschlossen ist, machen wir einen Umweg über Shahkrisabz zum Grenzübergang bei Tursunzoda (aber davon später mehr). So hatten wir die Möglichkeit mehr vom Hinterland in Usbekistan zu sehen und zu erfahren, dass es neben den glorreichen Bauten mit blauen Mosaiken noch einiges mehr zu entdecken gibt. Gleichzeitig merkten wir aber auch, dass wir nun in Gegenden sind, wo Touristen kaum oder wenn, dann nur in sehr geringer Zahl, unterwegs sind. Mit Skepsis wurden wir deswegen nicht betrachtet. Weiterhin zeigten sich die Usbeken als sehr freundliches und hilfsbereites Volk: Truckfahrer reichen Sirup aus dem fahrenden Laster, in einem Café kriegen wir Glacé geschenkt, eine Bäuerin schenkt uns einen Sack voll Kirschen.

Wenn zwei eine andere Sprache sprechen: Bananenkauf auf dem Bazar. Wir möchten 4 Bananen. Sven verhandelt energisch, versucht den Preis zu drücken. Der Verkäufer gibt nur sehr widerwillig nach. Man einigt sich. Die Bananen werden abgewogen und wir erhalten 1kg (= 8 Bananen!). Wir merken, während dem der eine über den Kilopreis verhandelte, wollte der andere lediglich 4 Bananen kaufen.

Auch Shakrisabz wartete mit einigen historischen Bauten auf. Allerdings waren diese sämtlich dem Zerfall nahe, gaben aber vermutlich ein gutes Abbild wie es heute in Bukhara oder Samarkand aussähe ohne die intensiven Restaurationsarbeiten.
So verzichteten wir auf eine Besichtigung der Sehenswürdigkeiten. Interessant zu sehen - wenn auch bezeichnend für die Bauplanung des Landes - war, dass die Stadt innert wenigen Jahren komplett umgebaut wurde. Die ursprüngliche Stadt, wie sie auch noch im Reiseführer eingezeichnet ist, ist heute ein einzig grosser Park und wirkt wie Disneyland. Die Wohnhäuser/-quartiere sind sämtlich hinter hohen Mauern abgeschottet. Überhaupt sahen wir dies in einigen usbekischen - va. touristischen Städten. Das alltägliche, usbekische Leben wurde hinter hohen Mauern versteckt. Der Staat kontrolliert - wie er so vieles kontrolliert - was die fremden Augen aus den meist westlichen Ländern sehen sollen. Für mich hat das Ganze einen ziemlich sauren Beigeschmack: Während dem die Touristen auf pikefein zurecht gemachten Alleen wandeln, muss sich die usbekische Bevölkerung mit ihren staubigen, holprigen Gassen abfinden...

Die Landschaft veränderte sich. Es wurde hügliger, somit spannender und abwechslungsreicher für's Auge gleichzeitig aber auch anstrengender. Wenigstens ist die Temperatur gnädiger (wir bewegen uns zwischen 700-1200 Hm). Die Temperaturanzeige vom Tachometer zeigt maximal 33-35°C, zuvor waren Rekordwerte um 45°C abzulesen.
Wir fahren durch liebliche, spärlich bewachsene Hügellandschaft. Wohin man schaut, sieht man Hirte mit ihren Schafen und Ziegen durch die Wiesen ziehen. So stellen wir uns die kirgisische Hochebene vor. Wir finden dann auch den ersten Zeltplatz auf unserer Reise umgeben von weidenden Schafen. Wir schätzen die grösseren Platzverhältnisse von unserem neuen Zelt. Einzig im Auf- und Abbau muss sich noch etwas Routine einstellen.

Am nächsten Tag wechselt das Landschaftsbild plötzlich. Wir kurven durch wilde, zerklüftete Canyon-artige Schluchten mit Fels- und Sandformationen in allen Farben. Es ist heiss und windstill und geht aufwärts zu einem namenlosen Pass beim Temir Gate. Bereits Timur hat die Gegend entlang der Seidenstrasse als strategisch wichtiger Punkt zweier zusammenlaufender Gebirgsketten erkannt und bei den vorbeiziehenden Händlerkaravanen Wegzoll verlangt. Heute ist die Militärpräsenz beim nahen Nachbarn Afghanistan und Tadschikistan zu spüren.

Wir machen Halt in einer einfachen Gaststätte zum Mittagessen. Bestellen ist diesmal einfach. Es gibt nur ein Menu: gekochtes Fleisch. Wobei die Zerlegung des Tieres scheinbar ohne Rücksicht auf anatomische Strukturen erfolgte. Gegessen wird alles! Für mich eine Herausforderung für jegliche Sinne. Ich halte mich lieber ans trockene Brot.

Nach zwei Nächten im Zelt, wobei wir in der zweiten Nacht im Garten einer Bauerfamilie zelteten, steuern wir am 02.06.17 Boysun an. Welches sich als ein lebhaftes Dorf mit treibigem Bazar am Fusse von felsigen Ausläufern des Hissar-Gebirges herausstellte. Wir brauchen, wie von der Regierung für Ausländer vorgeschrieben, nach 72 Stunden wieder eine Registration, also eine Übernachtung in einem Hotel. Zwar finden wir in Boysun tatsächlich ein Hotel (Hotel Hopmat), das Registrationen ausstellt. Die Bezeichnung Hotel hat es allerdings nicht verdient. Putzen scheint dem Personal völlig fremd. Uns bleibt nichts anderes übrig als in den sauren Apfel zu beissen. Immerhin können wir in Som's bezahlen und müssen nicht unsere US-Dollars vorlegen, was uns dank dem Schwarzmarktwechselkurs wenigstens nur halb so teuer kommt. Denn ein 2017 erlassenes Gesetz schreibt vor, dass Ausländer die Hotelübernachtungen in US-Dollar bezahlen müssen.

Wir nähern uns der usbekisch-tadschikischen Grenze. Wir verbringen einen Ruhetag in Denau, der usbekischen Grenzstadt, wo wir den 05.06.17 abwarten, den Tag ab dem wir ein gültiges 45 Tage Visum für Tadschikistan haben. Dem Tag vom Grenzübergang sehen wir mit gemischten Gefühlen entgegen. Von vielen anderen Tourenfahrern haben wir von schlechten Erfahrungen gehört. Schliesslich kommen wir glimpflich davon. Zwar dauert die Prozedur in brütender Hitze fast 2 Stunden. Wir zeigen sicher 8x unsere Pässe, unser Gepäck wird gescannt und schliesslich noch von Hand durchsucht. Von besonderem Interesse ist unsere Reiseapotheke. Beim Anblick der vielen, verschiedenen Pillen ist der Beamte aber sichtlich überfordert und beschliesst einzig pro forma nach psychotropen Substanzen etc. zu fragen. Die Antibiotika interessieren ihn zum Glück nicht. Auch unsere Fotos sowohl auf der Kamera wie auch auf dem Handy scheinen in den Augen des usbekischen Staates weder heikle nationale Daten noch anstössige Informationen zu enthalten. Kein einziges Bild wird gelöscht.
Die Einreise in Tadschikistan ist vergleichsweise einfach. Es gibt einzig einen Stempel in den Pass. Die Grenzbeamten scheinen zu wissen, dass es ihre usbekische  Kollegen besonders genau nehmen.

Weiterer Hitzerekord: Im Verlauf des Tages wurde das Wasser in den Trinkflaschen so warm wie Teewasser, einzig der Teebeutel fehlte noch.

Hallo Tadschikistan: Die ersten 60km von der Grenze bis nach Dushanbe, der Hauptstadt, fuhren sich gut. Keine Schlaglöcher weit und breit, nur feinster Asphalt. Ein Luxus an den wir uns kaum gewöhnen sollten.
Von jedem grösseren Gebäude und von Plakatwänden grinst uns der Präsident Rakhmonov entgegen. Erste Veränderungen sind erkennbar: die Nationalfarben haben von blau-weiss-grün auf rot-weiss-grün gewechselt und plötzlich sind auf der Strasse auch Mercedes, BMW, Opel etc. zu sehen. Währenddem in Usbekistan sich die Markenvielfalt der Autos hauptsächlich auf Damas (Daewoo) beschränkte. Noch immer rufen die Kinder "hello" vom Strassenrand und die Erwachsenen hupen oder fragen "Atkuda?"(woher kommst du?).

Dushanbe: eine grosse Stadt. Wir laufen kilometerweise entlang langer Strassen, durch Parkanlagen mit sprudelnden Brunnen und durch riesige Allen mit alten Bäumen. Im Vergleich zu den bisher gesehenen usbekischen Städten wirkt die Atmosphäre ruhiger und entspannter.
Dushanbe entstand aus einem Dorf in dem am Montag immer ein Wochenmarkt (Dushanbe = montags) stattfand. Zur Zeit der Sowjetunion wuchs die Stadt zu einer Grossstadt heran.
Wir geniessen die Annehmlichkeiten einer Grossstadt: feines Essen, sogar guten Kaffee und Kuchen gibt es. Ich bin glücklich nach knapp einem Monat endlich wieder  vegetarisches Essen zu finden. Im neuen Hostel Greenhouse treffen wir viele Gleichgesinnte. Ein welsches Pärchen auf Weltreise hat sich auf dem Bazar kurzerhand zwei Fahrräder gekauft und plant damit ebenso den Pamir-Highway zu machen, ein Basler ist seit 6 Monaten aus der Schweiz mit dem Ziel Kathmandu unterwegs.






















2 Kommentare:

  1. Schöner Tourenbeschrieb. Ich kann mir was vorstellen.

    Alles Gute weiterhin, viel Gesundheit und viel Freude an Mensch und Natur

    Gruss Markus Schatzmann

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